Erwerbsminderungsrente: Wie ist das mit den Abschlägen?
Ein weit verbreiterter Irrtum geistert durch das Internet: Nur wer vor seinem 63. Geburtstag eine Erwerbsminderungsrente bezieht, muss darauf Abschläge hinnehmen. Diese Aussage war einmal richtig - aber sie galt nur in bestimmten Fällen. Denn wie bei so vielen Regelungen im Rentenrecht, ändern sich die Voraussetzungen mit der Zeit.
Sozialpolitisch ist es nur schwer zu verstehen: Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann und auf die Erwerbsminderungsrente angewiesen ist, muss sehr häufig noch zusätzlich auf Geld verzichten. Für sich betrachtet ist die EM-Rente schon ein finanzieller Rückschritt. Gerade einmal 805,63 Euro bekamen Neufälle bei der Erwerbsminderungsrente 2019 im Durchschnitt.
Doch oftmals bleibt es nicht dabei. Denn wenn Sie Ihre EM-Rente schon vor einem bestimmten Alter beantragen müssen, werden Sie zusätzlich durch Abzüge bestraft. Diese können bis zu 10,8 Prozent Ihrer Bruttorente auffressen. Damit werden Sie als EM-Rentner bei den Abschlägen im Prinzip denjenigen gleichgestellt, die sich bewusst für eine vorgezogene Altersrente entscheiden.
10,8 Prozent der EM-Rente fallen weg
Besonders bitter: Unter bestimmten Umständen werden die Abzüge bei der Erwerbsminderungsrente auf Ihre spätere Altersrente übertragen. Umso mehr sollte daher der Wunsch bestehen, diese Abschläge irgendmöglich zu vermeiden.
Doch ist das überhaupt möglich?
Es gibt keinen Geheimtipp oder magischen Widerspruch, mit dem Sie Ihre volle EM-Rente sicherstellen können. Die Frage, ob Sie die Abzüge hinnehmen müssen oder nicht, hängt erst einmal am Zeitpunkt Ihres Rentenbeginns. Als Messlatte fungiert hier eine bestimmte Altersgrenze, die jedes Jahr angepasst wird. Etwas ähnliches kennen Sie sicherlich schon aus anderen Bereichen der Deutschen Rentenversicherung. Etwa bei der Regelaltersgrenze.
Diese liegt zum Beispiel für alle Jahrgänge, die 1964 oder später geboren wurden, bei 67. Sind Sie älter, befinden Sie sich irgendwo auf dem Weg dorthin - zwischen 65 und 67.
Altersgrenze im Fluss
Beginnt Ihre EM-Rente einen Monat vor der für Sie maßgeblichen Altersgrenze, verringert das Ihre Rente um 0,3 Prozent. Dieser Abschlag kann sich über maximal drei Jahre auf höchstens 10,8 Prozent summieren. Das heißt: Auch wenn Sie 20 Jahre vor Ihrer Altersgrenze eine Erwerbsminderungsrente beziehen müssen, bleibt der Abschlag bei 10,8 Prozent.
Schauen Sie sich einmal diese Tabelle an.

Heute, im Jahr 2021, müssten Sie beim Start Ihrer Erwerbsminderungsrente auch Abzüge hinnehmen, wenn Sie bereits 63 sind. Erst ab einem Alter von 64 und sechs Monaten wird die EM-Rente nicht mehr gekürzt.
Innerhalb der nächsten Jahre ändern sich diese Regelungen weiter - bis dann 2024 das vorläufige Ende dieser Entwicklung erreicht ist. Dann ist eine abschlagsfrei EM-Rente erst ab 65 möglich.
Aber die Abschläge zur Erwerbsminderungsrente würden sich nicht gut ins Sozialrecht einfügen, wenn es keine Ausnahmen bei dieser Regelung gäbe. Und diese können für viele Versicherte ein Rettungsanker sein.

"Falls Sie 35 Jahre Wartezeit für die EM-Rente erfüllen, können Sie zurzeit noch mit 63 Ihre Rente ohne Abschläge beziehen. Auch 2024 wird das noch möglich sein. Dann erhöht sich die zu erfüllende Wartezeit allerdings auf 40 Jahre."
Christian Schultz, SoVD Schleswig-Holstein
Fazit
Auch heute noch ist es gut möglich, dass Sie ab 63 die Erwerbsminderungsrente abschlagsfrei bekommen. Voraussetzung hierfür sind jedoch 35 Versicherunsjahre. Besonders für Menschen, die schon in jungen Jahren starke gesundheitliche Probleme haben, wird diese Hürde aber nur schwer zu erfüllen sein. In diesem Fall gelten die oben dargestellten Altersgrenzen.
Bevor Sie überhaupt einen Antrag zur EM-Rente in Erwägung ziehen, gilt es übrigens, diese 3 Punkte zu klären. Wir empfehlen darüber hinaus eine persönliche Beratung. Zum Beispiel beim Sozialverband.
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