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aktuelles aus dem Kreisverband Plön

Erwerbsminderungsrente: Sie geht bei der Erhöhung leer aus

„Pett in de Mors! (platt für „Tritt in den Arsch“) So fühlt sich das an.“ Petra Kottwitz ist sauer. Die 56-Jährige erhält seit einem guten Jahr Erwerbsminderungsrente. Knapp 1000 Euro stehen ihr im Monat zu, da sie immer in Vollzeit gearbeitet hat. Eine vergleichsweise hohe Rente wegen Erwerbsminderung. Pikant: Anlass für den Ärger bei der Ahrensburgerin ist das neue Rentenpaket der Bundesregierung, das Erwerbsminderungsrentner sogar besserstellen wird.

Bessere Zurechnungszeiten für neue Erwerbsminderungsrentner

Die Große Koalition erfüllt im Rahmen des Rentenpakets eine langjährige Forderung des SoVD bei der Erwerbsminderungsrente. Ab 2019 wird diese so berechnet, als ob der Betroffene bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze gearbeitet hätte. Doch der Teufel steckt im Detail. Die Verbesserungen sollen nur für zukünftige Erwerbsminderungsrentner gelten. All diejenigen, die bereits heute betroffen sind, gehen leer aus.

— Lesen Sie auch die Geschichte von Peter Tiedemann aus Elmshorn. Er bezieht seine EM-Rente seit 2010 und würde nun zum dritten Mal bei den Verbesserungen außen vor bleiben —

Auf rund 125 Euro muss Petra Kottwitz verzichten. Und das nur, weil ihre Rente bereits seit 2017 ausgezahlt wird.“Bin ich denn weniger wert als jemand, der erst nächstes Jahr die Erwerbsminderungsrente erhält?“, will sie wissen. „Es ist ja nicht so, als ob ich mir ausgesucht hätte, in die Rente zu gehen.“

Rund 125 Euro weniger

Mitnichten. Seit ihrem 17. Lebensjahr arbeitet die gebürtige Ahrensburgerin Vollzeit. Erst bei einer Tankstelle, später im Zeitschriftenverkauf am Bahnhof. Es folgen Jobs als Produktionshelferin und später im Versand. „Mit Ende 20 habe ich noch eine Ausbildung zur Industriekauffrau gemacht und in diesem Beruf gearbeitet. Und nebenbei hatte ich meistens noch Nebenjobs.“

Kann hier jemand nachvollziehen, warum die Besserstellung nur für neue Rentner gilt..?

Doch arbeiten kann die 56-Jährige heute nicht mehr. Seit vielen Jahren leidet sie an COPD, einer schweren Lungenerkrankung. Bis Anfang 2017 schleppt sie sich weiterhin zur Arbeit, immer in Vollzeit. „Bis irgendwann nichts mehr ging“, erinnert sich Petra Kottwitz. „Wenn ich heute eine Treppe hochgehe, brauche ich danach erstmal eine ganze Zeit, um durchzuatmen.“

Warum die überfällige Verbesserung bei den Erwerbsminderungsrenten für sie nicht gelten soll, kann die Ahrensburgerin nicht nachvollziehen. „Ich habe doch nicht weniger geleistet als andere. Das geht nicht in meinen Kopf rein.“

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Auch der Sozialverband Schleswig-Holstein legt den Finger in die Wunde: „Es ist vollkommen richtig, dass die Große Koalition das Rentenpaket auf den Weg gebracht hat. Dass die heutigen Erwerbsminderungsrentner davon aber nicht profitieren sollen, ist ein Schlag ins Gesicht dieser Menschen. Viele leben von so kleinen Renten, dass sie zusätzlich Grundsicherung brauchen. Hier muss die Bundesregierung nachlegen – und zwar sofort!“, fordert Jutta Kühl, Landesvorsitzende des SoVD in Schleswig-Holstein.